Das seit dem 15. März 1974 geltende Bundespersonalvertretungsrecht (BPersVG) soll reformiert und in Form eines neuen Gesetzes abgelöst werden. Dies hat das Bundeskabinett auf Vorschlag von Bundesinnenminister Seehofer Mitte Dezember beschlossen. Damit beginnt jetzt das Gesetzgebungsverfahren, so dass eine Verabschiedung durch den Deutschen Bundestag spätestens vor der Sommerpause 2021 sehr wahrscheinlich ist.
Die Reform ist überfällig. Das derzeit gültige Gesetz mit seinen 46 Jahren Laufzeit ist sichtbar in die Jahre gekommen. Seit vielen Monaten gibt es Überlegungen im zuständigen Bundesministerium des Innern, für Heimat und Bauen (BMI) zur Ausgestaltung notwendiger Reformschritte, die auch mit den Gewerkschaften durchaus kontrovers erörtert wurden. Bundesinnenminister Seehofer hat in diesem Zusammenhang mehrfach erklärt, dass es mit ihm keine Verschlechterungen geben wird.
Der aktuelle Gesetzentwurf hat eine neue Struktur und Systematik. Zudem soll er die Verständlichkeit und Anwenderfreundlichkeit verbessern, eine sprachliche und rechtsförmliche Überarbeitung des alten Gesetzes vornehmen und überholte Rechtsvorschriften streichen. Das wird denjenigen, die mit dem Gesetz arbeiten müssen, Erleichterungen in der praktischen Rechtsanwendung bringen.
Aber auch inhaltlich wird es nach Jahrzehnten eine Vielzahl von Änderungen und Neuregelungen geben, um die innerbehördliche Beteiligung der Beschäftigten über die von ihnen gewählten Personalvertretungen zukunftsfähig auszugestalten. Dies geschieht auf dem Hintergrund einer gesellschaftlichen, organisatorischen sowie dienst- bzw. tarifrechtlichen Entwicklungen,die Anfang der 70er Jahre so nicht vorhersehbar war.
Damals wie heute ist gesellschaftliche Teilhabe aber ein erstrangiges Thema. Aus der Politik ist immer wieder zu hören, dass man die Menschen „mitnehmen“ muss, wenn Veränderungen anstehen. Nur so gelingen Reformprozesse, auch im Bereich der Arbeitswelt des Öffentlichen Dienstes in Deutschland. Es gilt dabei, dessenAttraktivitätfür die nachwachsende Generation zusteigern.Der aktuelle Reformentwurf versucht, hierauf eine gesetzgeberische Antwort zu finden.
So wird es inhaltlich nach Jahrzehnten eine Vielzahl von Änderungen und Neuregelungen geben, um die innerbehördliche Beteiligung der Beschäftigten über die von ihnen gewählten Personalvertretungen zukunftsfähig auszugestalten.
Wichtige geplante Änderungen im Kabinettentwurf sind:
- Vermeidung personalratsloser Zeiten und Schaffung von Übergangsmandaten u.a. bei Umstrukturierungen
- Verbesserte und rechtssichere Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Personalratsarbeit, wie beispielsweise Video- und Telefonkonferenzen für Sitzungen (allerdings befristet bis Ende 2024)
- Erleichterung von Teilfreistellungen und Ausschluss von Marginalfreistellungen
- Vermeidung von Verfahrensverzögerungen durch Einführung einer Reaktionspflicht der Dienststelle auf Initiativanträge und Vorlagen im Stufenverfahren
- Zeitliche Flexibilisierung im Beteiligungsverfahren durch Fristabsprachen
- Schaffung neuer und Präzisierung bestehender Mitbestimmungstatbestände im Bereich flexibler Arbeitsformen und -zeiten, der Anordnung von Mehrarbeit, der Umsetzung mit Dienstortwechsel, der Personalgestellung, der Vereinbarkeit von Beruf, Pflege und Familie sowie des betrieblichen Gesundheits- und Eingliederungsmanagements,
- Beachtung der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben zum Letztentscheidungsrecht parlamentarisch verantwortlicher Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Mitbestimmungsverfahren,
- neuer Mitwirkungstatbestand bei der Privatisierung von Aufgaben,
- Aufnahme der bisher informell bestehenden Arbeitsgemeinschaft der Hauptpersonalräte in das Gesetz mit einem Recht zur Stellungnahme in ressortübergreifenden Angelegenheiten mit Digitalisierungsbezug
Auf wenig Begeisterung stößt in Kreisen der Gewerkschaften, dass ihre bisherige Erwähnung gleich zu Beginn des derzeit noch gültigen Regelungswerks zur Vertrauensvollen Zusammenarbeit nach dem aktuellen Gesetzentwurf erst einige Paragraphen später erfolgt. Zwar gibt es gewiss Gründe, die in dem Anliegen einer insgesamt verbesserten Systematik liegen dürften. Aber die 1974 in das Bundespersonalvertretungsrecht eingeflossenen Reformgedanken u.a. für eine Hervorhebung der gewerkschaftlichen Rolle zur Unterstützung personalvertretungsrechtlicher Anliegen treten so in der Gesetzesoptik zurück. Auch wenn es inzwischen vermehrt in Personalvertretungen viele „unabhängige“ Listen und Mitglieder ohne Gewerkschaftsbindung gibt, bleiben Gewerkschaften als Akteure schon allein zur Ausfüllung des Sozialstaatsprinzips von großer Wichtigkeit für unser Gemeinwesen.
Die derzeitige Pandemie hat aus der Not heraus geboren digitale Antworten zur bisherigen Präsenzkultur in den Dienststellen generiert, die auch auf die Personalratsarbeit gewirkt haben. Das neue Gesetz greift die Möglichkeit auf, eine rechtsichere, aber nur bis Ende 2024 befristete Regelungen für ein breites digitales Handeln von Personalvertretungen zu schaffen, um auch auf diesem Feld Zukunftsfähigkeit unter Beweis zu stellen.
Das Bundespersonalvertretungsrecht lebt im Konkreten von der Ausgestaltung der Beteiligungsrechte. Hier sind Reformansätze erkennbar, die den heutigen Gegebenheiten und den damit verbundenen Veränderungsnotwendigkeiten entsprechen. Warum aber beispielsweise eine jahrzehntelange „Deckelung“ der Mitbestimmung bei Beamten bis zur Besoldungsgruppe A15 weiterbestehen soll, obwohl Stellenentwicklung und Stellenkegel längst die Einbeziehung von mindestens A16/B3 und höher hergeben – einschließlich vergleichbarer AT-Beschäftigter -, bleibt unverständlich.
Die Erfahrung zeigt, dass in der Regel kein Gesetz den Deutschen Bundestag so, verlässt wie es in das parlamentarische Verfahren eingetreten ist. Das war schon im Mai 2020 so, als coronabedingt kurzfristig Lösungen bei der Wahl und digitale Alternativen für Sitzungen der Personalvertretung gefunden werden mussten.
Unser Autor:
Heinz Eilers, Mitglied im dozenten.team, Regierungsdirektor im Bundespräsidialamt a.D., Dozent bei Walhalla Seminare, der dbb akademie, Lehraufträge an verschiedenen Verwaltungsakademien, Vortragstätigkeit auf Kongressen; umfassende praktische Erfahrungen im Personalvertretungsrecht durch die langjährige Tätigkeit als Vorsitzender des Personalrates beim Bundespräsidialamtes.